Spektakel in der Bayernliga-Relegation: Weidener Wahnsinn, Ettmannsdorfer Euphorie

Weiden in der Oberpfalz
04.06.2023 - 00:10 Uhr
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Abstiegstrauer auf der einen, Aufstiegshoffnung auf der anderen Seite: Die SpVgg SV Weiden und der SV Schwandorf-Ettmannsdorf nahmen die gut 1500 Zuschauer am Samstagnachmittag mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle.

Zwölf Euro Eintritt für ein Fußballspiel im Amateurbereich sind beileibe kein Pappenstil, auch wenn es sich um ein Relegationsspiel zur Bayernliga handelt. Doch wenn es je ein Spiel gegeben haben sollte, das jeden Cent an Eintrittspreis wert war, dann war es das Duell zwischen der SpVgg SV Weiden und dem SV Schwandorf-Ettmannsdorf am Samstagnachmittag im Weidener Sparda-Bank-Stadion.

4:4 nach 90 Minuten, Verlängerung, Elfmeterschießen, irre Wendungen, ein überglücklicher Sieger aus Ettmannsdorf, der damit weiter auf den Bayernliga-Aufstieg hoffen darf, und ein niedergeschlagener Gastgeber, der nach nur einer Saison den bitteren Weg zurück in die Landesliga antreten muss. "Dieses Spiel steht sinnbildlich für unsere gesamte Saison. Wir haben uns hintenraus einfach nicht für unseren Aufwand belohnt", brachte es Rüdiger Hügel, der Sportliche Leiter der SpVgg SV Weiden, auf den Punkt.

Tomas Galasek auf der Tribüne

0:1, 1:1, 2:1, 2:2, 2:3, 3:3, 3:4, 4:4 – der Spielverlauf in Kürze verdeutlicht, welch irrwitzige Partie die gut 1500 Zuschauer miterleben durften – oder wie es Mario Albert, der Trainer des Siegers, sagte: "Amateurfußball, was willst du mehr? Da fehlen selbst mir einmal die Worte." Auch Tomas Galasek schüttelte auf der Tribüne immer wieder ungläubig den Kopf, und der ehemalige Spieler des 1. FC Nürnberg, Ex-Trainer der SpVgg SV Weiden und aktuelle Co-Trainer der tschechischen Nationalmannschaft hat in seiner langen Karriere gewiss schon so manch verrückte Begegnung miterlebt.

Nach einer dominanten ersten Halbzeit samt 2:1-Führung war von der SpVgg SV nach der Pause nichts mehr zu sehen. "In der zweiten Halbzeit ist Ettmannsdorf mehr draufgegangen, und wir sind überhaupt nicht mehr in die Zweikämpfe gekommen. Aber Hut ab an unsere Truppe, wir sind nach jedem Rückstand immer wieder zurückgekommen", mühte sich ein um Worte ringender Niklas Lang, auch positive Aspekte herauszustreichen.

Die Gäste lagen plötzlich mit 3:2 vorne (Tore durch Florian Knauer und Andreas Müller) – und niemand war davon überrascht. Es spielten nur mehr die Fusionierten, von Weiden kam gar nichts mehr. Was danach folgte, war an Wahnsinn kaum zu überbieten: Flatterball David Bezdicka aus der Distanz – 3:3. Elfmeter für die Gäste zwei Minuten vor dem Ende – 3:4 durch Johannes Böhm. Verzweiflungsbogenlampe von Erol Özbay in der Nachspielzeit – 4:4.

Ein stolzer Gästetrainer

In der Verlängerung waren beide Teams mit ihren Kräften am Ende, die Entscheidung musste im Elfmeterschießen fallen. "Das ist dann immer auch Glückssache, Ettmannsdorf hat letztlich das Los für die weitere Runde gezogen", sagte eine enttäuschter Lang. Nur mehr David Bezdicka hätte verwandeln müssen, und die SpVgg SV Weiden hätte am Mittwoch gegen den VfR Garching antreten müssen. Doch der Tscheche scheiterte ebenso an Michael Lingauer im Ettmannsdorfer Kasten wie Florian Reich und Tobias Gerber. "Er hatte im Spiel wirklich zwei, drei schlimme Patzer drin, aber letztendlich hat er uns im Elfmeterschießen diese Partie gewonnen", sagte SVE-Coach Albert über seinen Ersatztorhüter.

Der Jubel bei den Gästen kannte keine Grenzen, und deren Trainer stimmte ein Loblied an: "Wir hatten ein extrem schwieriges Saisonfinale, wo wir in jedem Spiel an den Anschlag gehen mussten, um den zweiten Platz zu verteidigen. Ich bin unglaublich stolz auf die Jungs, weil sie in der zweiten Halbzeit und in der Verlängerung aggressiv, unglaublich griffig und immer brandgefährlich waren", sagte Albert, der von den lautstarken Gästefans mit Sprechchören gefeiert wurde.

Überbordende Freude auf der einen, totale Niedergeschlagenheit auf der anderen Seite – dieses wahnsinnige Relegationsspiel hatte aber noch einen großen Gewinner: den Amateurfußball. Eine solche Achterbahnfahrt der Gefühle wäre auch mehr als zwölf Euro Eintritt wert gewesen.

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