Der Orgelbauer von Rothenstadt

Weiden in der Oberpfalz
19.12.2021 - 15:23 Uhr
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Ein außergewöhnliches Projekt verbirgt sich in einem Rothenstädter Hinterhof: Bei Arbeiten an einer neuen Orgel lässt sich Orgelbauer Markus Bäumler über die Schulter schauen. Wie und warum man zu diesem Beruf kommt, verrät er gleich dazu.

In Rothenstadt entsteht gerade eine neue Orgel für die katholische Kirche Kohlberg. Dafür verarbeitet die Orgelbauwerkstatt Kiefernholz zu Pfeifen. Dass das ein langwieriger Prozess ist, macht Orgelbauer Markus Bäumler schnell klar. Pünktlich zur Weihnachtsmesse wird die Orgel zwar nicht fertig sein, aber schon nächstes Jahr können sich die Kohlberger auf Klänge aus dem nagelneuen Instrument freuen.

Hang zur Technik

Als Bäumler gerade aus der Schule kam, ging seine Leidenschaft fürs Orgelspielen so weit, dass er bis zu fünf Mal die Woche Unterricht nahm, um sich auf die Aufnahmeprüfung Kirchenmusik an der Kirchenmusikschule Regensburg (heute HfKM) vorzubereiten. Seine Eltern, die also schon einiges an Ressourcen in seine Ausbildung gesteckt hatten, waren nicht allzu begeistert, dass ihr Sohn kurz vor der Prüfung beschloss, dass der Hang zur Technik doch überwog und in Allkofen eine Lehre zum Orgelbauer anfing. "Verloren war die Ausbildung aber nicht, die hat mich auch in meinem jetzigen Beruf weitergebracht", meinte der 42-Jährige. Das Ganze ist jetzt 25 Jahre her, in denen er viel erlebt hat: mehrere Jahre als Geselle in der Schweiz, monatelange Auslandseinsätze etwa in London oder Luxemburg, schließlich 2013 der Schritt zurück in die Heimat und hinein in die Selbstständigkeit. Und dann ist die erste Orgel auch gleich die seiner Heimatkirche Rothenstadt.

Exakte Maße

Eine neue Orgel von der Konstruktion bis zum Einbau zu begleiten, ist immer etwas Besonderes für den Orgelbauer. Weil so genau gearbeitet werden muss, nutzt der Betrieb mittlerweile computergestützte Werkzeuge. Auch die Verkabelungen innerhalb der Instrumente erledigen die Orgelbauer selbst. Das Hauptgeschäft liegt aber eigentlich darin, schon bespielte Instrumente zu warten, zu reparieren und restaurieren. Zuständig sind Bäumlers vier Mitarbeiter unter anderem für die Orgeln im Regensburger Dom und in der Basilika Waldsassen. Dabei arbeiten sie nur selten in den Kirchen, meistens werden die Instrumente zum Bearbeiten in die Rothenstädter Werkstatt geholt.

70 Holzpfeifen und mehr als 1000 Metallpfeifen

Dort zeigt Bäumler die schon fertigen Holzpfeifen der Kohlberger Orgel und erklärt daran, wie der Ton entsteht: Mit einem Balg wird durch ein Loch unten an der Pfeife Luft geblasen, die durch eine Spalte zu einer Art Band verformt wird. Dieses Luftband bricht sich an einer Kante, Oberladium genannt, dadurch entsteht der Ton. Einfluss darauf hat natürlich die Größe der Pfeife, aber auch die Form. Es gibt breitere und schmälere Mensuren, also Maßverhältnisse, die die Klangfarbe beeinflussen. Die verschiedenen Klangfarben nennt man Register, und für jedes Register braucht man so viele Pfeifen wie Tasten montiert sind. "Das sind maximal 61", verrät Mitarbeiter Julian Sommermann, der, seit seinem Ausbildungsbeginn 2017 in Bäumlers Betrieb arbeitet. Insgesamt kommt eine normal große Orgel dann auf etwa 70 Holzpfeifen und mehr als 1000 Metallpfeifen.

Kiefer statt Fichte, Holz statt Metall

Die großen Pfeifen werden meist der Stabilität wegen aus Holz gefertigt. Bäumlers Wahl fiel auf gut abgelagertes Kiefernholz, obwohl für Instrumente oft Fichte verwendet wird: "Fichtenholz ist das typische Klangholz, aber wir wollen keine Eigenresonanz der Pfeife, allein die Luft soll schwingen." Wie groß die Pfeife sein muss, damit der gewünschte Ton und Klang herauskommen, "das sind Erfahrungswerte", so Bäumler, "es gibt aber auch Tabellen." Letztendlich ist die Größe der Pfeifen sowieso von der Größe der Kirche abhängig. Metallpfeifen kauft das Unternehmen aber dazu, denn deren Herstellung ist eine andere Spezialisierung: "Wir bräuchten nochmal eine Werkstatt, die genauso groß ist," erklärt Bäumler, der neben seinem Beruf auch noch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CSU im Weidener Stadtrat ist.

Beruf für junge Leute

Darauf, dass er junge Orgelbauer ausbildet, ist Bäumler besonders stolz. An der HfKM hat er inzwischen einen Lehrauftrag für Orgelbau und im November gleich drei Praktikanten, die sich für sein Handwerk interessieren. Ob das ein Beruf für junge Leute sei, darüber sind sich Bäumler und Sommermann einig: ja. "In keinem anderen Beruf hat man so vielfältige Aufgaben, und wir arbeiten noch mit Vollholz, das tun nicht einmal mehr Schreiner," schwärmt Sommermann. Beiden Orgelbauern merkt man an, dass sie für ihren Beruf brennen. Stundenlang könnten sie über verschiedene Holzarten oder Verarbeitungstechniken fachsimpeln, von der Auswirkung der Holzsorte auf den Klang ganz zu schweigen. Aber: In einer Domorgel stecken etwa 20.000 bis 25.000 Arbeitsstunden. Und deshalb arbeiten sie lieber weiter.

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Weiden in der Oberpfalz23.08.2020
Info:

Zur Person Markus Bäumler

  • 1996 Lehre zum Orgel- und Harmonieumbauer
  • nebenamtlicher Kirchenmusiker
  • Chef der Bäumler Orgelbauwerkstätte
  • Lehrbeauftragter für Orgelbau an der Hochschule für katholische Kirchenmusik & Musikpädagogik Regensburg
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