Knapp 15 Millionen Euro kostet die Umgestaltung des alten Bahnhofsgebäudes in Wiesau zum städtebaulichen Glanzlicht und attraktiven ÖPNV-Knoten. Für die Gemeinde ist das bei rund 5 Millionen Euro Eigenanteil ein Kraftakt, weshalb Bürgermeister Toni Dutz vor Monaten einen Zuschussantrag an den Landkreis stellte: 2 Millionen Euro sollten es zur Stärkung der Eigenmittel sein. Davon ist nun keine Rede mehr, weil der Freistaat bei der Förderung bis an die Obergrenzen ging. Die Bitte an den Landkreis wird deshalb umformuliert: 1 Million Euro ist die neue Größenordnung.
Die Marktgemeinde Wiesau hatte den einst stattlichen, aber heruntergekommenen Bahnhof 2012 gekauft, um daraus einen einladenden Ort für Reisende und Treffpunkt für Einheimische zu machen. Ursprünglich war von einem einstelligen Millionenbetrag für die Sanierung die Rede, doch die Kosten liefen wie bei vielen Baustellen aus dem Ruder.
"Keine Förderbehörde"
Wegen der überörtlichen Bedeutung des Projekts Kulturbahnhof stellte die Kommune einen ersten Zuschussantrag, der angesichts der hohen Verschuldung des Landkreises wenig Begeisterung auslöste. Man sei keine Förderbehörde, beschied Landrat Roland Grillmeier schon bei der Sonderbürgerversammlung in Wiesau im April 2023. Dennoch stellte er einen Betrag in Aussicht, der "beiden Seiten gerecht" werde.
Und darum ging es jetzt im Kreisausschuss. Grundsätzlich herrschte Einigkeit darüber, dass das Projekt auch über Wiesau hinaus ausstrahlt. Dennoch entspann sich eine streckenweise gereizte Debatte. Der Kern: Die Förderung eines kommunalen Projekts durch den Landkreis könnte Begehrlichkeiten auch bei anderen Gemeinden wecken.
Finanziell angespannte Lage
Einen weiteren Aspekt nannte Regierungsdirektorin Regina Kestel mit Verweis auf die Landkreisordnung: "Das wäre sicher eine freiwillige Leistung." Landrat Grillmeier empfahl allen Fraktionen zur Einschätzung der Verschuldung ein Schreiben der Regierung, wonach die Finanzplanung des Kreises zu überarbeiten sei.
Als gangbaren Weg schlug er vor, 200.000 Euro im diesjährigen Haushalt für den Kulturbahnhof bereitzustellen. Die Bedeutung des Projekts für den ÖPNV streite niemand ab. Doch fürchtete Grillmeier einen Präzedenzfall, wenn jede Kommune mit einem städtebaulich bedeutsamen Vorhaben Mittel vom Landkreis verlangen könne.
Den genauen Finanzierungsplan für den Kulturbahnhof legte Wiesaus geschäftsleitender Beamter Thomas Weiß dar. "Um 2 Millionen Euro geht es definitiv nicht mehr", blickte er auf die nach Ostern eingetroffene Zusage unerwartet hoher Zuschüsse vom Freistaat. So gibt es für einen Teil des Projekts 90 Prozent aus der Förderoffensive Nordostbayern, für einen zweiten Teil 80 Prozent aus Städtebaumitteln. Rund 1 Million Euro stellte Weiß als neue Hausnummer für einen Landkreiszuschuss in den Raum.
Als Argumente für die überörtliche Bedeutung nannte er unter anderem die zentrale Lage im Landkreis mit dem größten Bahnhof und die wachsende Bedeutung des ÖPNV. Das Gebäude mit Gaststätte, öffentlichem Wartebereich, Toiletten und Jugendraum soll auch der Gemeindebücherei Platz bieten. Im Lese- und Veranstaltungssaal unter dem Dach seien auch Kulturangebote denkbar.
In Wiesau ankommende Reisende würden mit Tipps versorgt, was im Landkreis alles sehenswert und mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sei. Auch die Wirtschaft könne hier für sich werben, sprach Weiß als bereits eingeplantes Beispiel einen Beitrag der Waldsassener Glasfabrik Lamberts im Treppenhaus an. "Die Leute sollen hier immer wieder etwas Neues entdecken." Die Bedeutung des Wiesauer Bahnhofs könne auch durch einen barrierefreien Umbau gewinnen, der von der Bahn noch vor der Elektrifizierung in Aussicht gestellt wurde.
Grundsätzlich aufgeschlossen
Die Wiesauer Delegation – den Geschäftsleiter begleiteten in der Sitzung etliche Markträte – bekam von den Kreisräten viel Anerkennung dafür, den Umbau des Bahnhofs in Angriff genommen zu haben. Die Frage sei nicht ob, sondern wie man das Projekt fördere, sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Bernd Sommer. Es gelte nun, die zuschussfähigen Bereiche genau auszuloten, denn Gewerbe oder Photovoltaik gehörten nicht dazu.
Dass die Regierung bei der Förderung an die obere Grenze des Machbaren gehe, zeige die Bedeutung des Bahnhofs, urteilte Hans Klupp (Freie Wähler). Er sprach sich dafür aus, das für die Infrastruktur des Landkreises wichtige Projekt "gemeinsam zum Ende zu bringen". SPD-Sprecher Uli Roth sprach sich ebenfalls für eine finanzielle Unterstützung aus und regte für künftige Fälle einen Kriterienkatalog an, um mehr Klarheit für Antragsteller zu schaffen.
Eine solche Liste hielt auch Matthias Grundler (Zukunftsliste) für sinnvoll. Der Bahnhof Wiesau sei der wichtigste im Landkreis und ein Präzedenzfall wie die Burg Falkenberg oder der Schafferhof in Konnersreuth, für deren Sanierung es ebenfalls Kreiszuschüsse gab. Josef Schmidt (Grüne) tendierte mit Blick auf die ÖPNV-Entwicklung sogar in Richtung Pflichtaufgabe bei dem Projekt. Wiesau sei der einzige DB-Bahnhof mit entsprechender Fernanbindung und habe hohen architektonischen Wert.
Franz Stahl (CSU) empfahl Zurückhaltung bei der Förderung und wandte sich gegen einen Kriterienkatalog, der nur Begehrlichkeiten wecke. "Was ist, wenn ich die Kletterhalle als kulturhistorischen Kletterraum bezeichne und das alte Kino als Kultur-Luitpold-Theater?", fragte der Tirschenreuther Bürgermeister. Definitiv sei der Kulturbahnhof keine Pflichtaufgabe, wurde er deutlich: "Vielleicht muss Wiesau auch mal zur Bank gehen und sich verschulden."
Dutz verteidigt Antrag
Als vehementer Verteidiger des Zuschussantrags aus Wiesau meldete sich Bürgermeister Toni Dutz (CSU) zu Wort. Einen Kriterienkatalog brauche man nicht: "Wir haben den Kommunen bisher immer auch ohne geholfen." Bei der Burg Falkenberg sei auch nicht gefragt worden, ob ein Hotelbetrieb dabei sei, da habe man von 7 Millionen Euro einfach 700.000 Euro übernommen. Vom Landkreis forderte er ein Bekenntnis, was ihm dieser Bahnhof wert sei: "Das würde ich auch sagen, wenn er in Mitterteich oder woanders stehen würde." Den Zuschuss wolle seine Kommune auch nicht auf einmal, sondern verteilt auf drei Haushaltsjahre.
"Wir werden nur herausragende Projekte fördern, dazu brauchen wir keinen Kriterienkatalog", sagte Roland Grillmeier. Die Bedeutung des Bahnhofs Wiesau für den ÖPNV streite niemand ab, doch städtebaulich bedeutsame Objekte gebe es viele. "Wir sollten in der nächsten Sitzung über die Zuschusshöhe entscheiden", verwies der Landrat auf den 19. Juni: "Möglichst geschlossen."
Pläne für den Kulturbahnhof
- Baujahr: 1882
- Umbaukosten: 15 Millionen Euro
- Einrichtungen: Gaststätte und Café, öffentlicher Wartebereich und WCs, VdK-Kreisgeschäftsstelle, Jugendraum, Gemeindebücherei, Lese- und Veranstaltungsraum
- Außenbereich: Bushaltestelle, überdachte und mit Photovoltaik ausgestattete Park- und Ride-Stellplätze, Freisitze mit Biergartenbereich, Museumsgleis mit Waggons, die an Ankunft der Heimatvertriebenen in Wiesau erinnern
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