Zeuge der Maxhütten-Tradition: Zentralbüro kann viele Geschichten erzählen

Sulzbach-Rosenberg
01.09.2022 - 15:18 Uhr
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Früher war es das Zentralbüro, heute ist es ein Bürocenter: Während es das Stahlwerk Maxhütte seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gibt, ist in sein Verwaltungsgebäude neues Leben eingezogen.

Hauptstraße 51 ist heute die Adresse einer Reihe von unterschiedlichen Firmen. Wo über Hundert Jahre lang das operative Geschäft der Maxhütte betrieben wurde, haben heute, nach der Stilllegung des Betriebes vor rund zwanzig Jahren, Dienstleister, Versicherungen, therapeutische Praxen, Rechtsanwälte und Staatsbedienstete ihre Büroräume. „Modernes Arbeiten im historischen Ambiente“ verspricht die Max-Aicher-Immobiliengesellschaft als Eigentümerin des Gebäudes. Und der Slogan kommt an. Die Büro-, Praxis- und Gewerbeflächen, rund 3500 qm auf mehreren Etagen, sind zu 95 Prozent besetzt, aktuell an 45 Firmen vermietet. „Die zentrale Lage, der große Parkplatz, die gute Verkehrsanbindung und nicht zuletzt die günstigen Mietkonditionen überzeugen“, weiß Bernhard Dobler, der Liegenschaftsverwalter der Max-Aicher-Stiftung.

Auf den ersten Blick hat sich für eine frühere Maxhütten-Mitarbeiterin nicht viel verändert im Zentralbüro. Zwar gibt es heute einen nicht sehr fotogenen Aufzug im Foyer, die ehemalige Pförtnerloge ist geschlossen. Eine kleine Bühne gehört der Musikkneipe „Gestern“, die mit Veranstaltungen immer wieder einmal Leben in die Halle bringt. Dann aber sucht das Auge die vertrauten Büros in den langen Gängen des Erdgeschosses. Da, wo einst Schorsch Birzer der Leiter der der Personalabteilung war, hat heute der Bund Naturschutz sein Domizil. Am Gang gegenüber erinnert nichts mehr an die vielen Frauen und Männer der Buchhaltung und ihren Chef Karl Müller. Ein Ingenieurbüro, ein Eisenbahnsachverständiger und die Hausverwaltung sind hier eingezogen.

Telefonzentrale und Poststelle

Natürlich gibt es im östlichen Gang auch die Telefonzentrale nicht mehr, in der der Graf Jo und sein Kollege Pilhofer Gespräche annahmen und vermittelten. Durch die letzte Tür rechts ging es in die Poststelle. Hier waren es Jupp Novotny und später Rolf Wypior, die jeden Morgen mit dem Frauen-Team die eingehenden Briefe öffneten, mit dem Datum stempelten und für die Weitergabe an die Abteilungen sortierten. Heute ist dieser Raum das Büro einer Firma Intebit – intelligent it solutions. Nachbarn sind der Ingenieur Lubrich, die Psychotherapeutin Moosburger, Ilonas Fußpflege und die Schwangerschafts-Beratungsstelle Donum Vitae. Die Tür zum Keller ist verschlossen. Die einstige Arbeit vom Aures Heiner und seinem Team, Kopieren und Drucken, macht heutzutage jeder selber.

Es ist still in den langen Gängen des Gebäudes. Auch in der oberen Etage. Hier waren einst die Vorstandsbüros; geräumig, elegant ausgestattet und natürlich mit Sekretariat. Edith Schötz oder Hildegard Geismann arbeiteten zum Beispiel damals ihren Chefs zu, dem Technischen Vorstand Dr. Fritz Höfer und dem Arbeitsdirektor Manfred Leiss. Die MH-Pensionskasse hat heute hier ihre Räume, das Betreuungsbüro Eger, Bikar Metalle oder die Signal-Iduna-Versicherung. Ihre Büros sind zweckmäßig und nüchtern. Denn die alten Ölgemälde, die einst die Arbeitszimmer der Vorstände schmückten, fanden einen neuen Platz im Foyer der oberen Etage. Hier schauen sie herunter auf die heute hier Arbeitenden, die bayerischen Könige Max I. Josef, Max II. und Ludwig III., sowie Franziska Dorothea, die Pfalzgräfin, die das „Schlößl“ zu ihrem Witwensitz erbauen ließ. Auch das Porträt von Peter Klöckner ist dabei und erinnert daran, dass eine Zeitlang die Maxhütte mit diesem Stahlwerk verbunden war.

Waldbesitzer als Mieter

Der Verkauf war mit zahlreichen Büros auf dieser Etage daheim. Pütz, Emmert, Klönne, Fuchs, viele Namen tauchen da aus der Vergangenheit auf. Männer und Frauen hatten gewachsene gute Kontakte mit Kunden und holten für ihre Produkte die besten Konditionen heraus. Heute geht es hier um etwas ganz anderes: Die Waldbesitzervereinigung, das Amt für Landwirtschaft und Forsten und das Revier Sulzbach der Staatsforsten haben sich eingemietet.

Der Einkauf, die Pressestelle, die Bauabteilungen, zum Ende die Umwelt- und Service-GmbH – ist noch etwas zu spüren von den Menschen, die für diese Maxhütte gearbeitet haben? Die Leidensjahre des Werkes vom ersten Konkurs im April 1987 bis zum bitteren Ende 2002 haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter miterlebt, nicht nur die im Werk, sondern auch die in der Verwaltung. Auch sie hatten Sorge um ihren Arbeitsplatz, der einstmals so sicher erschien. Heute, zwanzig Jahre später, ist das Vergangenheit.

Rostende Anlagen

Die rostenden Industrieanlagen oberhalb der Bahngleise sind kaum mehr zu sehen, das frische Grün zahlreicher Birken hält sie verborgen. Und das historische Zentralbüro, renoviert und mit heller Farbe getüncht, ist mit anderem, neuem Leben erfüllt – eine glückliche Entwicklung für die Stadt und ihre Menschen.

 
 

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