Corona ist noch nicht ganz vorbei, schon ist der Krieg da. Die galoppierende Inflation führt auch in Hotels und Restaurants in Sulzbach-Rosenberg und dem Umland zu gewaltigen Preissprüngen. Die Speisekarten verändern sich laufend: Manche Gerichte werden ersatzlos gestrichen, weil sie zu teuer geworden sind, und die Preise für Getränke und Essen kennen nur eine Richtung – nach oben. Die Hoteliers und Wirte wissen, dass das bei den Gästen zu Unmut führt. Oberpfalz-Medien haben sie nun einen Einblick in ihre Finanzlage gegeben. Wer zum Essen geht, sich im Hotel einbucht oder auf ein paar Bier an den Stammtisch geht, sollte das wissen.
Zum Pressegespräch waren wichtige Gastrovertreter der Region gekommen. Neben Hermine und ihrem Sohn Michael Sperber vom gleichnamigen Brauereigasthof schilderten auch Bayerischer-Hof-Chef Achim Kiel, Bartl-Wirt Martin Lotter, Nico Luber als Junior-Chef vom Hotel-Gasthof Zum Wulfen in Kauerhof, Hans-Jürgen Nägerl vom Illschwanger Landhotel Weißes Ross und Leo Doci als Inhaber des Ristorantes Imperatore, wie die Situation wirklich ist.
Mittagsgeschäft bricht weg
Sie wollen einige „Märchen“ ausräumen. So täusche der Eindruck, dass nach dem Ende der Corona-Einschränkungen das Geschäft wieder voll „brummen“ würde. „Angelaufen ist der Betrieb schon, aber beileibe noch nicht auf dem Niveau wie zuvor“, sagt Hans-Jürgen Nägerl. "Am Wochenende haben wir mittlerweile nur noch einen Tag, an dem unser Restaurant voll wird, aber nicht mehr zwei oder drei wie zuvor."
Massiv seien die Einbußen auch beim Mittagsgeschäft. Im Bayerischen Hof am Sulzbacher Luitpoldplatz würde das „weitestgehend ausfallen“, berichtet Achim Kiel. „Die Gäste, die mittags kommen, das ist ein Grundrauschen von früher, das unsere Personalkosten nicht deckt.“ Denn, stimmt Hermine Sperber zu, ein Koch, eine Küchenhilfe und eine Bedienung müssten immer da sein. „Da hast du mittags oft nur 100 Euro Umsatz, zahlst aber den Stundenlohn für drei Leute.“ Viele würden sich nur noch schnell was von der heißen Theke beim Metzger holen, aber nicht mehr ins Lokal kommen. Die Wirte hoffen nun besonders auf Wanderer und Radtouristen, die auf der Durchfahrt im Biergarten zu Mittag einkehren.
Zitronen doppelt so teuer
Die Wirte legen ihre Preislisten von Großhändlern offen. Demnach hat ein Eisbergsalat vor einigen Wochen noch 0,99 Euro gekostet, jetzt sind es 1,90 Euro (+92 Prozent), für 10 Kilo Tomatenketchup kassiert der Händler nicht mehr 19,99 Euro, sondern 33,16 (+66 Prozent), 500 Gramm Paprika stiegen von 1,29 Euro auf 1,90 (+47 Prozent), 5 Kilo Zitronen kosten nicht mehr 5,99 Euro, sondern 11,69 (+95 Prozent). Und Martin Lotter vom Bartl vergleicht seine Ölrechnung: Heuer im März zahlte er 124 Euro für 100 Liter, Anfang 2021 waren es noch 59,80 Euro (über 107 Prozent teurer). Um den Laden noch rentabel zu halten, müssten auf der Speisekarte die Preise erhöht werden – auch beim Bier.
Bierpreis kratzt an 4-Euro-Marke
Beim Sperber zahlen Kunden seit der jüngsten Erhöhung im Mai 3,80 Euro für ein Helles (zuvor 3,60). Das Weiße Ross hat von 3,70 Euro auf 3,90 erhöht. Der Wulfen will in Kürze von 3,20 auf 3,40 anheben, beim Imperatore wurde bereits auf 3,40 angehoben, im Bayerischen Hof kostet es 3,40 Euro – „in absehbarer Zeit“ sei aber eine Erhöhung geplant. Am günstigsten ist die Halbe momentan noch beim Bartl mit 3,20 Euro – noch.
Beim Rind wiederum seien die Preise so nach oben gesprungen, dass alle Wirte das Rinderfiletsteak sogar komplett von der Karte genommen haben. „Fürs Roastbeef verlangen wir aktuell 22,90 Euro. Das verkaufen wir jetzt zum Preis, den früher das Rinderfilet hatte, ansonsten würden wir draufzahlen“, berichtet Nico Luber konsterniert. Achim Kiel ergänzt: „Für das Filetsteak müssten wir 36 bis 38 Euro verlangen. Da kriegen wir mit den Gästen eine Diskussion an den Hals, die wir nie gewinnen.“ „Das kann man einem Gast nicht mehr vermitteln, doch das wären genau die Preise, die wir verlangen müssten, um selbst kein Minus zu machen“, wirft Michael Sperber ein.
Beilagensalat nur noch extra
Ein weiteres Thema, das manchem Gast sauer aufstößt, ist, dass die Beilagensalate nicht mehr inklusive sind. Hier gehe es nicht um zusätzliche Gewinne, sondern um Verlustminimierung, sagt Achim Kiel. Mit seinen Kostenkalkulationen stehe er so unter Druck, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als beispielsweise den Preis für ein Schnitzel mit Pommes (aktuell 12,90 Euro) indirekt zu erhöhen, indem der Salat extra gezahlt werden müsse. Die anderen Wirte stimmen ihm zu. „Die Salatpreise gehen durch die Decke, das ist Wahnsinn“, klagt Leo Doci. Früher habe der Salat auch zu oft weggeschmissen werden müssen, sagt Michael Sperber, und die Ware sei eben immer frisch vorzuhalten. Kiel ist ehrlich: „Wir müssen hier offen sein. Für uns war das eine Preismaßnahme, um Kosten zu reduzieren, um bei nominell gleichem Preis einigermaßen zu einer Wirtschaftlichkeit zu kommen.“
Keine kleineren Portionen
Bei allen Steigerungen könne sich der Gast aber auf eines verlassen: „Wir machen keine kleineren Portionen. Die Qualität ist für uns das Wichtigste“, sagt Michael Sperber. „Die, die noch zum Essen gehen, die wollen genießen, trotz der Preise. Essen gehen wird ein Stück weit zum Luxus. Wir haben hier eine einzigartige Wirtshauskultur, das wird schon sehr wertgeschätzt. Durch die Pandemie haben viele überhaupt erst gemerkt, welche Lebensqualität ihnen durch die geschlossenen Lokale verloren gegangen ist.“
Zudem sei es eine „Mär“, dass die Wirte während der Pandemie gutes Geschäft mit den Corona-Soforthilfen gemacht hätten. „Das waren nur Überlebenshilfen, die die Liquidität erhalten haben“, erklärt Martin Lotter. „Sobald du damit Plus machst, muss das Geld sowieso zurückgezahlt werden.“ Achim Kiel ergänzt mit Blick auf Corona-Schließungen: „Wir hatten zwölf Monate lang 70 Prozent Einnahmeausfälle. Das ist in der Öffentlichkeit alles vergessen, aber auf unserem Konto ist es nicht vergessen.“
Kein Neid auf Kirwan und Feste
Ihnen gehe es nicht darum, die Kundschaft zu verärgern, sondern darum, Verständnis für die neuen Preise zu schaffen. „Die Masse der Steigerungen geben wir gar nicht weiter, um unsere Kunden nicht zu verschrecken. Aber unsere Gewinnmarge wird immer kleiner“, erklärt Nägerl. Und der Blick auf die Zukunft treibt ihm auch Sorgenfalten ins Gesicht. „Zwei Jahre lang waren keine Feste mehr, es wird einen Kirwa-Run bei den Leuten geben. Und weil das Geld nicht unbegrenzt ist, wird das für unseren Gastro-Markt wegbrechen.“ Eine Neiddebatte solle das nicht sein, man freue sich über die Rückkehr des Festbetriebs, doch dass es in absehbarer Zeit zu keiner Entspannung kommen werde, das ist den Wirten klar – und sie hoffen, dass ihnen die Kunden trotzdem die Stange halten.
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