Nutzer von Bewertungsportalen wie Google, Kununu, Jameda oder Yelp können ihre Erfahrung kostenlos und ohne viel Aufwand mit anderen Menschen teilen. Für Dienstleister ist das Fluch und Segen zugleich. "Eine Rezension ist immer die subjektive Wahrnehmung eines Gastes", sagt Steffen Wild. Und die sei nicht immer fundiert. Bei manchen fragt sich der Geschäftsführer, ob die Schreiber überhaupt seine Wasserskianlage am Steinberger See besucht haben.
Dieses Problem kennt auch Rechtsanwalt Markus v. Hohenhau. Seine Kanzlei in Regensburg ist auf Internetrecht und Datenschutz spezialisiert. Durchschnittlich melden sich vier Mandanten pro Monat mit Löschungsanfragen. Hauptsächlich bei Google Maps, sagt von Hohenhau: "Sehr oft haben wir feststellen müssen, dass negative Bewertungen vermutlich entweder als Rache oder zur gezielten Schädigung von Mitkonkurrenten abgegeben worden sind."
Orientierung für Neukunden
Kundenbewertungen haben mittlerweile einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg von Unternehmen oder den Verkauf von Waren und Dienstleistungen. Neukunden orientieren sich an den Erfahrungsberichten anderer, sagt Wild. Deshalb sei es dem Geschäftsführer wichtig, dass die Bewertungen im oberen Bereich liegen. Neben einer Textnachricht können Gäste bis zu fünf Sterne vergeben. 1.244 Bewertungen wurden für den "Wild Wake Park" abgegeben. 4,6 Sterne haben Wild und sein Team durchschnittlich bekommen. Damit ist er zufrieden.
Jedes mal, wenn eine neue Bewertung abgegeben wurde, bekommt Wild von Google eine Nachricht. Bei negativen Bewertungen antwortet er dem Verfasser und schildert seine eigene Sicht der Dinge. Das gehöre zum Tagesgeschäft dazu. Dabei gehe es ihm nicht darum, den Kommentator umzustimmen – der sei eh zu überzeugt von seiner Sicht – sondern die Kritik für den Leser der Rezension einzuordnen oder zu relativieren. Eine Rezension vor drei Jahren ärgert den Geschäftsführer noch heute. Ein unzufriedener Gast schrieb: "Die haben einen riesigen Kaffeeautomaten – zur Tarnung, der Kaffee kommt aus einer Thermoskanne für 2,40 Euro für die Pampe." Wild nahm die Kritik ernst. Doch auch eine ausführliche Stellungnahme des Chefs konnte den Autoren nicht überzeugen.
Kein genereller Anspruch auf Löschung
Grundsätzlich müssen sich Unternehmen, aber auch Rechtsanwälte, Lehrer oder Ärzte, bewerten lassen, wenn ihre Daten im Internet öffentlich zugänglich sind, sagt von Hohenhau. Es bestehe daher generell kein Anspruch auf Löschung aus Bewertungsportalen, egal, ob der Bewertete dort freiwillig oder unfreiwillig gelistet ist. Bei "Fakebewertungen", ausgedachten Rezensionen, bei denen es nie einen Kundenkontakt gegeben hat, bestehe jedoch eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bis hin zu hundert Prozent, dass diese gelöscht werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinen letzten Urteilen die Rechte der Unternehmer bei Fakebewertungen gestärkt. Am schnellsten und einfachsten ist eine Löschung über einen auf IT-Recht spezialisierten Anwalt. Hier sollte vorher jedoch abgeklärt werden, was die Leistung kostet, rät von Hohenhau.
Bei echter und ausführlicher Kritik kommt es darauf an, ob diese berechtigt war oder ob unwahre Tatsachen behauptet wurden, erklärt der Rechtsanwalt. Auch hier könne ein Anwalt am besten eine Einschätzung geben, ob gegen die Bewertung vorgegangen werden soll oder ob es Sinn macht, auf diese Bewertung sachlich mit einer eigenen Stellungnahme zu reagieren. Negative Bewertungen können laut von Hohenhau auch dazu dienen, Geschäftsprozesse oder Verhalten zu überdenken und diese in Zukunft zu verbessern.
Google Maps als Hobby
Geschäftsinhaber haben bei Google Maps die Möglichkeit, ihr Unternehmen hinzuzufügen und mit Informationen wie Öffnungszeiten oder Kontaktdaten zu versehen. Aber auch sogenannte "Local Guides" (Lokale Führer) können neue Orte eintragen und Informationen sowie Fotos von Orten, Städten, Restaurants oder Attraktionen hinzufügen. Für jeden Eintrag bekommen sie Punkte von Google. Ab Level vier erhalten Local Guides neben Abzeichen auch gelegentliche Belohnungen wie Rabatt im Google-Online-Shop. Das motiviert manche Nutzer natürlich noch mehr, eine Bewertung abzugeben, sagt Wild. Für manche sei das quasi ein Hobby. Aber auch Unternehmen und Dienstleister profitieren davon. Rezensionen steigern die lokale Sichtbarkeit. Je mehr gute Bewertungen zum Beispiel ein Restaurant hat, desto höher wird es von Google in der Suchanfrage platziert. Als Verbraucher muss einem deshalb auch bewusst sein, dass Bewertungen auch gekauft oder gefälscht sein können, warnt der Fachanwalt für IT-Recht: "Immer wieder fallen meinen Mandanten Konkurrenten auf, die innerhalb von wenigen Wochen auf einmal hunderte von Bewertungen haben, für die sie selbst Jahre benötigen." Hier sei von Manipulation auszugehen, welche jedoch sehr schwer nachweisbar ist. Andere Geschäfte versprechen zum Beispiel ihren Gästen nach einer guten Bewertung gewisse Vorteile oder Rabatte, kritisiert Wild. In der Wasserskianlage gibt es das nicht.
Problematisch aus Sicht des Fachanwalts sei auch, dass selten gute Bewertungen abgegeben werden, da der Kunde einen guten Service oder Ware als selbstverständlich ansieht und sich daher nicht die Mühe macht eine Bewertung zu verfassen. Häufig sprechen die Gäste das Team vor Ort nicht auf ein Problem an, bestätigt Wild. Stattdessen machen sie hinterher ihrem Ärger im Internet Luft, kritisiert Wild. Verbraucher sollten sich bewusst machen, dass nicht jede negative Bewertung bedeutet, dass das Unternehmen oder die Ware schlecht ist und sollten einzelne negative Bewertungen nicht überbewerten, appelliert von Hohenhau.
Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung
- Bei echten Kundenbewertungen, bei denen oftmals detailliert ein Vorgang geschildert wird, muss zwischen berechtigter Meinungsäußerung und der Behauptung von falschen Tatsachen unterschieden werden.
- Der Grad zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung ist sehr schmal.
- Die Bewertung eines Arztes mit „Ich fühle mich falsch behandelt“ ist eine zulässige Meinungsäußerung.
- „Ich wurde falsch behandelt“ ist eine überprüfbare Tatsachenbehauptung.
- Nur Bewertungen mit unwahren Tatsachenbehauptungen können gelöscht werden.
- Quelle: Markus v. Hohenhau, Fachanwalt für IT-Recht
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