Der Bundespolizist Jörg Wurm aus Stadlern ist auch in seiner Freizeit mit Dienstausweis unterwegs – allerdings für sein Ehrenamt als Naturschutzwart. 2004 wurde er von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes dazu berufen. Als Hilfskraft vor Ort überwacht er dabei die Einhaltung der Naturschutzgesetze. „Ich bin kein Blockwart der schnüffelt, aber man muss die Grundspannung hochhalten.“ Bei der Kontrolle von drei Hotspots darf ihn Oberpfalz-Medien begleiten. Mit dabei ist Markus Kurz vom Verein Naturpark Oberpfälzer Wald, der sich eine Moorfläche direkt an der Landesgrenze anschauen will.
Auch wenn die Arnika am Hochfels erst in drei Wochen blüht, zu Beginn des Monats Juni überraschen ungemähte Wiesen in der Nähe von Stadlern mit einem Flor zauberhaft kleiner Blüten. Auf einer Orchideenwiese, etwa ein halber Hektar auf 710 Höhenmetern, spitzt in einem kräftigen Lila das Breitblättrige Knabenkraut, die Orchidee der Feuchtwiesen, aus dem Grün hervor. Auch wenn es für jede Vase und jeden Garten eine echte Zierde wäre – es handelt sich um eine streng geschützte Pflanze. „Diese darf weder gepflückt noch ausgegraben werden“, stellt Wurm fest.
Läusekraut und Klappertopf
Der ehrenamtliche Naturschutzwart lenkt den Blick auf weitere selten anzutreffende Pflanzen, wie die Blutwurz oder den Kleinen Baldrian. Gleich daneben wächst das Wald-Läusekraut mit seinen zartrosa Blütenkelchen. Es befindet sich auf der Roten Liste der Gefäßpflanzen Deutschlands und ist dort aktuell als „gefährdet“ (Klasse 3) eingestuft. Das gilt auch für den Klappertopf (Rhinanthus). Markus Kurz ist Experte und kennt alle Wiesenpflanzen mit ihrem botanischen Namen. „Für die deutsche Bezeichnung muss ich erst überlegen“, sagt er lachend. „Der Bauer kommt, der Klappertopf geht“, bringt Jörg Wurm einen Spruch aus seinem ebenfalls großen Wissensschatz an und ergänzt: „Auf dem sehr mageren Standort verschwinden die Gräser nach der Mahd.“ Durch Entwässerung, Düngung und häufiges Mähen wurden viele Feuchtwiesen in blütenarmes Standardgrünland umgewandelt. Es geht auch anders: Die Orchideenwiese ist zwar als Biotop kartiert, trotzdem aber eine landwirtschaftliche Nutzfläche. „Vertragsnaturschutzprogramme vergüten die Vereinbarungen mit den Besitzern“, fügt Markus Kurz an. Die spätere Mahd verschaffe den Pflanzen hier quasi eine Schonzeit fürs Aussäen und Fortpflanzen.
Vom Opa gelernt
Jörg Wurm kennt Flächen und Landwirte, er stellt Kontakte her und schaut auch mal vorbei. „Aber nicht wie ein Oberlehrer, das kommt nicht gut an“, sagt er lachend. Das Interesse für die Natur liegt in der Familie, „ich war immer draußen unterwegs und der Schutz der Natur schon früh mein Anliegen“. Bereits der Opa habe „Artenschutz gemacht“ und ihm vieles erklärt. „Es ist gut, dass wir jemand vor Ort haben, der sich kümmert“, lobt Markus Kurz. Denn der Naturschutzwart ist quasi ein Außendienst-Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde in einem festgelegten Gebiet. Bei Jörg Wurm reicht dieses von Oberviechtach (ab Bundesstraße 22) bis zur Landesgrenze in der Gemeinde Stadlern. 2004 hat er eine dreiwöchige Ausbildung an der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege in Laufen an der Salzach belegt.
Arnika gefährdet
Nachdem wir in der Flur noch das blaue Kreuzblümchen und einige Hundsveilchen entdeckt haben, kommen wir am Naturdenkmal Hochfels, eines der 100 schönsten Geotope in Bayern, an. Wenn hier Mitte Juni zum Johannistag das Sonnwendfeuer entzündet wird, leuchten auch die Arnika in voller Blüte. Die unter Naturschutz stehende Arnica montana wird deshalb auch Johannisblume genannt. Doch jetzt sind erst die Nester der Blattrosetten zu sehen. „Sie brauchen offene Bereiche, damit der Samen keimen kann“, erklärt Wurm. Weidetiere und Fußabdrücke stören nicht, Sense und Hände allerdings schon. Das Problem: „Die Arnika ist im Bestand gefährdet, wenn Leute die Blüten sammeln.“ Der Naturliebhaber appelliert daran, anstatt Heilpflanzen zu pflücken, Apothekenprodukte zu verwenden. Außerdem: „Ringelblumen gehen auch, und die wachsen im Garten.“
Am Hochfels fällt auch die Schwarzwurzel (Scorzonera humilis) als ein selten vorkommendes Korbblütengewächs auf. Mit ihren gelben Blüten ist sie weitschichtig mit dem Löwenzahn verwandt. Markus Kurz bleibt plötzlich stehen. Er hat das Kleine Habichtskraut in einer Felsspalte entdeckt: „Das wächst nur an zwei Stellen im gesamten Naturpark“, freut er sich.
Torfmoor an der Grenze
Ein weiterer Hotspot ist das Torfmoorgebiet am Oberlauf der Ascha entlang der Landesgrenze hinter Friedrichshäng, nahe dem „Touristen-Disneyland Plöß“, wie sich Jörg Wurm ausdrückt. Ein Schild auf tschechischer Seite weist auf den Feuchtlebensraum hin. Der Weg schlängelt sich an den Grenzsteinen entlang. Was dem Naturschutzwart nicht freut, sind frische Feuerstellen und Mountain-Bike-Spuren, die tiefe Rillen ins Moor ziehen und dabei seltene Moose beeinträchtigen. Die Tour endet bei einer Waldwiese, auf der als Rarität die winzige Moosbeere wächst. Besitzer der Fläche ist der VSL Oberpfalz (Verein zum Schutz wertvoller Landschaftsbestandteile). Zügig geht es zum Parkplatz zurück. Heute waren es gut 6000 Schritte. „Meine übliche Runde hat 19 Kilometer“, sagt Jörg Wurm unbeeindruckt. Präsenz zu zeigen, ist ihm wichtig. Seinen Naturschutzwart-Dienstausweis musste er jedenfalls in den 20 Jahren noch nie zücken.
Der Naturschutzwart und seine Aufgaben
- Paragraph 49 Bayerisches Naturschutzgesetz: Zur Unterstützung der Naturschutzbehörden und der Polizei können bei der Unteren Naturschutzbehörde Hilfskräfte eingesetzt werden
- Sie haben die Aufgabe, Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften, die den Schutz der Natur, die Pflege der Landschaft und die Erholung in der freien Natur regeln – und deren Übertretung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist – festzustellen, zu verhüten und zu unterbinden
- Ein Naturschutzwart kann Leute zur Feststellung der Personalien anhalten, und falls nicht möglich, zur Polizeidienststelle bringen
- Er kann einen Platzverweis aussprechen, und er kann das entnommene Gut sicherstellen
- Dienstabzeichen und Dienstausweis müssen mitgeführt werden.
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