„Diese schlichte, aber zielstrebige und mutige Ordensfrau hat Großes für die Menschen und das Reich Gottes geleistet.“ Vor mittlerweile 35 Jahren, am 17. November 1985, sprach Papst Johannes Paul II. die Gründerin des Ordens der Armen Schulschwestern, Maria Theresia von Jesu Gerhardinger, selig.
In Neunburg vorm Wald hatte am 24. Oktober 1833 die Geschichte des weltweit tätigen Ordens begonnen. Im ehemaligen Franziskanerkonvent entstand das Gründungskloster der Armen Schulschwestern. Mit zwei Gefährtinnen begann Karolina Gerhardinger – so lautete ihr bürgerlicher Name – hier das klösterliche Leben. Folgerichtig machte sich – über 150 Jahre später – auch eine große Zahl Neunburger im Pilgerzug auf den Weg nach Rom, um die Seligsprechung mitzuerleben. Und die Erinnerungen von damals „wirken heute noch nach“ sagen Neunburger, die mit dabei waren.
Pilger aus allen Ländern der Welt
Das bayerische und italienische Fernsehen übertrugen die Messe aus dem Petersdom live. Insgesamt 12 000 Eintrittskarten hatte der Vatikan für das Ereignis vergeben, bei dem außerdem noch der Passionist Pio die San Luigi und die Ordensfrau Rebecca Ar-Rayes selig gesprochen wurden. 5000 Tickets erhielten die Schulschwestern und verteilten sie an Pilger aus allen Ländern, in denen der Orden wirkt.
Friedrich Wetter, Kardinal von München und Freising, bat den Heiligen Vater um die Seligsprechung Gerhardingers: „Ihrem tapferen Handeln aus der Kraft des Glaubens und ihrem Beten verdankt die Kirche ein vorbildliches apostolisches Werk für die Heranbildung der Frauen.“ Dem entsprach der Pontifex und gestattete „kraft Unserer Apostolischen Vollmacht“, dass Theresia Gerhardinger künftig
"Selige" genannt werden dürfe. Als Gedenktag legte er ihren Todestag, den 9. Mai, fest. Unter dem Beifall der Gläubigen wurden danach die Bilder der neuen Seligen im Petersdom und an der Fassade der Basilika enthüllt.
Die Sparkasse im Landkreis Schwandorf hatte damals im Vorfeld der Seligsprechung eine Gedenkmedaille zu diesem Ereignis prägen lassen. Die Vorderseite zeigte das Konterfei der Ordensgründerin, die Rückseite zierte eine Ansicht des Neunburger Stammklosters. Dem Neunburger Wolfgang Ziereis - damals Mitarbeiter der Sparkasse - gelang es während einer Generalaudienz, ein Exemplar an den Papst zu überreichen.
Ständchen für den Papst
Überhaupt hatten sich die Gäste aus dem Ort der Ordensgründung in Rom stets in rechte Licht zu setzen gewusst: So spielte die Stadtkapelle in der Residenz des damaligen Deutschen Botschafters Dr. Peter Hermes ein Ständchen, zuvor hatten sie in der Audienzhalle - ebenso wie der Spielmannszug der Kolpingsfamilie - dem Kirchenfürsten aufgespielt. Beide trugen auch am 19. November beim „Tag der offenen Tür“ im Generalat der Armen Schulschwestern zur „gelösten, festlichen Atmosphäre des Hauses“ bei.
Aus Anlass der Seligsprechung hatte in der Pfalzgrafenstadt als Gründungsstätte der Kongregation eine Festwoche – organisiert von der Pfarrgemeinde – stattgefunden. Ein Festgottesdienst am 8. Dezember bildete den Abschluss der Feierlichkeiten. Im feierlichen Kirchenzug wurde dabei eine Statue der Seligen vom Kloster zur Pfarrkirche übertragen und dort von Weihbischof Vinzenz Guggenberger gesegnet. In seiner Predigt stellte er fest, dass sich Karolina Gerhardinger verpflichtet fühlte, „ihre ganze Kraft in den Dienst dieses Werkes zu stellen und dadurch den Willen Gottes zu erfüllen“. Das Abbild der Seligen befindet sich an einer Säule in der Alten Kirche. Im Anschluss an den Festgottesdienst eröffnete im Turnsaal des Klosters eine Ausstellung über Leben und Werk von Mutter Theresia.
Sein Neunburger Gründungshaus liegt dem Orden der Armen Schulschwestern nach wie vor am Herzen: Nach umfassenden Umbauten in den vergangenen Jahren und der Etablierung von Schülerhort und Kinderkrippe, firmiert das Gebäude, zu dem auch ein Kindergarten mit fünf Gruppen gehört, mittlerweile als „Theresia-Gerhardinger-Haus“.
300 Zeugen und 130 Pfund beglaubigte Urkunden
Am 17. November 1985 wurde Maria Theresia von Jesu Gerhardinger in Rom selig gesprochen. Wie viel Aufwand hinter einem solchen Prozess steckt, hatte die "Münchener Katholische Kirchenzeitung" damals in einem Sonderdruck erläutert. Verfasser des Artikels war Christian Feldmann.
- Bitte beim Papst: Als erstes hatte sich 1920 der Katholische Frauenbund Bayern für die Seligsprechung Gerhardingers eingesetzt. Bei einer Pilgerfahrt nach Rom 1925 wurde Papst Pius XI. eine entsprechende Bitte vorgetragen. Aber auch die Schulschwestern selbst hatten sich diesbezüglich an den Münchner Kardinal Michael von Faulhaber gewandt.
- Umfassende Prüfung: Bis zum Abschluss des Seligsprechungsprozesses sollten insgesamt 65 Jahre vergehen. Die Kirche nimmt so ein Verfahren sehr ernst und erforscht das ganze Leben eines „Kandidaten“. Bei Gerhardinger wurden 6741 Blätter aus ihren Schriftstücken wortgetreu abgeschrieben. Die jeweils notariell beglaubigten Urkunden hatten ein Gesamtgewicht von 130 Pfund und waren in 42 Bündeln zusammengefasst. Dazu kam noch ein Protokoll mit 1095 doppelseitig beschriebenen Blättern. Auch 300 Zeugen wurden vernommen, die zum Teil die Ordensfrau noch persönlich gekannt hatten.
- Gebetserhörungen dokumentiert: Die Kirchenzeitung schreibt auch über Gebetserhörungen auf Fürbitte von Mutter Theresia, sogenannte „wunderbare Heilungen“ seien nachgewiesen worden. So sei die brasilianische Schwester Tecla Medeiros nach einem Gebet zu Gerhardinger von einer bösartigen Lymphknotenerkrankung geheilt worden. Fünf Ärzte stellten in einem Gutachten fest, die erfolgte Heilung sei "vom medizinischen Standpunkt aus unerklärlich".
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