Alltagshürden schildern, Lösungen aufzeigen: Journalismuspreis für Lucia Brunner

Mitterteich
30.01.2023 - 16:57 Uhr

Wie bewegen sich Sehbehinderte durch die Stadt? Wie ließe sich ihre Lage verbessern? Weil sie mehrfach dargestellt hat, auf welche Probleme Menschen im Alltag stoßen und was helfen könnte, ist Lucia Brunner mit einem Preis geehrt worden.

In Erbendorf oder Mitterteich schnell mal in ein Geschäft am Marktplatz oder über die Ampel - kein Problem, oder? Doch, für Menschen mit Sehbehinderung sogar ein Großes. Wie schwer für sie einfachste Dinge des Alltags sein können, erfuhr eine breite Leserschaft Anfang 2020 in der Zeitung "Der neue Tag" und im Onetz. Geschrieben hat den Artikel Redakteurin Lucia Brunner, nachdem sie an mehreren Tagen mit den betroffenen Senioren auf Tour gewesen war. Auch andere Menschen und ihre Schicksale hat sie seither in die öffentliche Wahrnehmung gebracht. Jetzt stand Lucia Brunner als Preisträgerin selbst im Mittelpunkt.

Die Stiftung Lebenshilfe Landkreis Tirschenreuth verlieh der 30-jährigen Redakteurin von Oberpfalz-Medien den mit 500 Euro dotierten "Inklusionspreis für konstruktiven Journalismus". Dabei handelt es sich um ein Novum, wie Lebenshilfe-Vorsitzender Landrat Roland Grillmeier am Montag bei einem Festakt im Historischen Rathaus in Mitterteich herausstellte. Inklusionspreise vergibt die Stiftung seit 2013 an Gruppen, Organisationen, Einzelpersonen und Gemeinden, nun wurde zum ersten Mal journalistisches Wirken gewürdigt.

Ebenfalls eingeladen hatten Roland Grillmeier und Lebenshilfe-Geschäftsführer Berthold Kellner zur Feierstunde die Klasse 10M der Otto-Wels-Mittelschule Mitterteich und die Klasse M3 des örtlichen Förderzentrums sowie Vertreter des Evangelischen Bildungswerks Oberpfalz. Sie erhielten jeweils einen Inklusionspreis für die Gestaltung eines Freizeitführers für Kinder und das Erstellen einer digitalen Ausstellung zum Alltag in der Corona-Pandemie.

Gut verständlich geschrieben

Warum die Wahl auf Lucia Brunner fiel, erklärte Friedrich Wölfl, Sprecher der neunköpfigen Jury, in seiner Laudatio. Mit ihren Beiträgen habe sie das Thema Inklusion nicht nur in die Öffentlichkeit gebracht, sondern auch in konstruktiver Weise aufgegriffen. Dabei bleibe es nicht allein bei der Beschreibung von Problemen, sondern es rücke auch die Suche nach Lösungen in den Blick. "Im Idealfall kann konstruktiver Journalismus Verbesserungsvorschläge und Tipps in die Öffentlichkeit bringen - in der Hoffnung, in Gesellschaft und Politik Beachtung zu finden", meinte Wölfl.

Besonders aufgefallen sei der Jury der eingangs erwähnte Artikel mit dem Titel „Blinde Flecken in der Barrierefreiheit“, vorgeschlagen von der Mitterteicher Behindertenbeauftragten Doris Scharnagl-Lindinger. Wölfl lobte die Verknüpfung von Reportage-Elementen und Sachinformationen, die Befragung von Experten und das Einfügen von Servicehinweisen. „Gelungen sind zudem die Fotos ohne emotionalisierende Tendenzen und eine Sprache ohne jeden schrägen Zungenschlag.“ Alles sei gut verständlich und dicht beschrieben – unter sicherer Wahrung der Balance zwischen empathischer Nähe und professioneller Distanz. Nicht zuletzt zeigte sich Wölfl begeistert von der „raffinierten Doppeldeutigkeit“ in der Überschrift. Wölfls Wunsch an Lucia Brunner und andere Journalisten: „Bitte mehr davon!“

"Eine Teamleistung"

Nach einem kräftigen Applaus bedankte sich Lucia Brunner für den Preis, der für sie eine Extra-Motivation für ihre künftige Tätigkeit sei. "Es ist eine ganz besondere Ehre, wenn man hier in der Region ausgezeichnet wird, über die man schreibt." Gleichzeitig machte sie deutlich, dass das journalistische Arbeiten nicht ohne die Kolleginnen und Kollegen zu schaffen wäre. "Es ist auch eine Teamleistung", betonte sie und verwies auf die gemeinsame Themenplanung, den gegenseitigen Austausch und viele weitere Schritte, die nötig seien, bis ein Artikel fertig im Internet oder auf einer Zeitungsseite steht.

Sehr erfreut zeigte sich nach dem offiziellen Teil auch Chefredakteur Kai Gohlke: "Es macht uns als Oberpfalz-Medien natürlich stolz, wenn eine Kollegin eine solche Auszeichnung bekommt." Es sei wichtig, in einem Artikel nicht nur Betroffene zu Wort kommen zu lassen, sondern auch zu recherchieren und Hintergründe darzustellen, so Gohlke. Seit Jahren setze man daher vermehrt auf den journalistischen Ansatz, Themen von allen Seiten zu beleuchten. "In diesem Fall ist es besonders gut gelungen."

Wie hat Lucia Brunner reagiert, als die Nachricht von der Preisverleihung durch die Lebenshilfe-Stiftung bei ihr ankam? „Ich war erst mal baff“, bekennt sie auf Nachfrage. „Ich war auch sehr überrascht, weil ich mich nicht selbst beworben hatte, sondern mich jemand vorgeschlagen hatte.“

Weiter beantwortet sie die Frage, wie sie denn vorgeht, wenn sie über Menschen in schwierigen Situationen schreiben soll. "Wichtig ist, sich mit der Thematik vertraut zu machen und den Leuten zu erklären, was man vorhat", sagt die 30-Jährige. Es gelte auch, stets freundlich und verständnisvoll zu sein und sich Zeit zu nehmen für die Gesprächspartner. Da könnten auch schon mal Stunden vergehen. "Es kommen nicht immer alle Antworten innerhalb von ein paar Minuten, man muss manche Fragen auch öfters stellen", erinnert sie sich an Interviews mit ukrainischen Frauen, die als Kriegsflüchtlinge in den Landkreis kamen.

Gänsehaut-Moment in Fockenfeld

Vor knapp einem Jahr, im Frühjahr 2022, war sie nach vorheriger Absprache mit Verantwortlichen des BRK-Kreisverbands in die Notunterkunft Fockenfeld gefahren. Als sie dann vor Ort mit Hilfe einer Übersetzerin zu verstehen gab, dass sie Journalistin sei und einen Artikel über die Lage der Flüchtlinge und deren Erlebnisse schreiben wolle, brandete Beifall im Saal auf. "Da habe ich eine Gänsehaut bekommen", verrät Lucia Brunner. Sie verkneife es sich auch nicht, in bestimmten Situationen Gefühle zu zeigen und Empathie zu signalisieren. Wichtig sei allerdings, beim Termin den eigenen roten Faden zu behalten.

Was macht der Redakteurin am meisten Spaß an ihrem Job? "Dass er so vielseitig ist und man in viele Themenbereiche Einsicht bekommt", erklärt Lucia Brunner. Es gefalle ihr, komplexe Zusammenhänge in Texten so zu schildern, dass sie auch ein Laie versteht. Im Verfassen von Artikeln, mit denen sie Menschen Wissen vermitteln und ihnen bei Problemen weiterhelfen kann, sieht sie auch einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.

So bewältigen sehbehinderte Menschen ihren Alltag

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Einblicke in den Alltag von Kriegsflüchtlingen und Helfern in Fockenfeld

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Fockenfeld bei Konnersreuth01.04.2022
Hintergrund:

Zur Person: Lucia Brunner

  • Geboren: 12. Mai 1992 in Weiden, aufgewachsen in Wiesau und in Mitterteich im Landkreis Tirschenreuth
  • Studium: Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg
  • Beruf: Redakteurin bei Oberpfalz-Medien, Reporterin und Producerin in der Lokalredaktion in Tirschenreuth, Moderatorin der Podcast-Reihe "Es war einmal... in der Oberpfalz"
  • Privat: Lebt mit Ehemann, zwei Katzen und fünf Schildkröten in Wiesau.
 
 

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