Die Demonstration "Für das Ende der Corona-Maßnahmen", organisiert von "Querdenken 961 Weiden", schlägt im Nachgang hohe Wellen. Bürgermeister Sebastian Dippold erstattete am Montag Anzeige wegen Bedrohung. Er hatte in einem Facebook-Beitrag von "Affen" und "Gesocks, das hier mitläuft", gesprochen. Daraufhin empfahl ein Internetnutzer am Sonntag das "Füsilieren" des SPD-Politikers - also die standrechtliche Erschießung. Demo-Organisator Helmut Bauer hatte diesen Beitrag, der auf seinem Account erschien, bis Montagabend nicht entfernt. Dippold verwahrt sich dagegen, Demonstranten beleidigt zu haben: Zum einen habe er nicht alle Teilnehmer pauschal als "Affen" und "Gesocks" bezeichnet. "Es steht jedem frei, über die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen zu diskutieren", so Dippold. "Mir geht es darum, darauf hinzuweisen, mit wem man hier auf die Straße geht."
Neonazi Schröder vor Ort
Wie viel rechts mischte sich am Samstag unters Volk? Fest steht, dass Patrick Schröder auf dem neuen Festplatz war. Der vorbestrafte Neonazi aus dem Landkreis Neustadt/WN betreibt das rechtsradikale Medienportal FSN. Auch Thomas Witzgall war am Samstag als Beobachter vor Ort. Er ist Mitarbeiter von "Endstation Rechts Bayern", einer Initiative der Jusos und der SPD. Witzgall hat außer der Gruppe um Patrick Schröder einige AfD-Politiker gesehen, "die man dem Flügel zuordnen kann".
Aus Witzgalls Sicht ist die fehlende Abgrenzung von Rechtsextremisten nicht das Hauptproblem der "Querdenker". Witzgall ist vielmehr schockiert von der generellen Radikalisierung bei den Demos, getarnt von "Weichgesäusle von Liebe und Frieden". Immer stärker würden personalisierte Feindbilder aufgebaut. Das "Anstacheln" erfolge mit immer "kruderen Bildern". Das gipfelte am Samstag in Weiden darin, dass Kultusminister Piazolo zum Mörder stilisiert wurde, weil er die Kinder "unter Masken zwinge".
Dicht an dicht ohne Maske
Aus Witzgalls Sicht täuschte auch der Eindruck nicht, dass unter den 900 Teilnehmern eher wenig Weidener waren. "Das ist ein Wanderzirkus. Die Leute sind sehr reisefreudig." In Bussen wurden Demonstranten herangekarrt. Auch beim Autokorso waren auffallend viele Fahrzeuge nicht aus der Oberpfalz: Hamburg, Berlin, Nürnberg - alles dabei. Umfangreiches Bildmaterial von "Endstation Rechts" zeigt, dass vor allem am Samstagabend vor dem Alten Rathaus die Abstandsregel gebrochen wurde. Hunderte Teilnehmer stehen nach dem Fackelzug vor dem Rathaus - in Weiden, einer Stadt mit einem Inzidenzwert von über 200. Mundschutz? Fehlanzeige.
Das galt auch für eine unangemeldete Kundgebung am Montag in Neustadt/WN. Via Telegram hatten sich Gegner von Sebastian Dippold verabredet. Die Polizei war von anderer Seite informiert worden und schon vor Ort. Die Kundgebung vor dem Rathaus durfte stattfinden. Ein Beamter der Inspektion Neustadt besprach mit Wortführerin Silvia Loew die Bedingungen. 1,50 Meter Abstand sollten eingehalten werden, da keiner der rund 30 Teilnehmer einen Mund-Nase-Schutz trug. Unter den Teilnehmern waren der stellvertretende AfD-Vorsitzende aus Weiden, Dr. Jürgen Spielhofen, sowie Ex-Grünen-OB-Kandidatin Sonja Schumacher.
Die Weidener Unternehmerin Silvia Loew forderte per Megaphon den Rücktritt Dippolds. Trillerpfeifen gellten über den Neustädter Stadtplatz. Teilnehmer schrien "Komm raus!" und "Dippold raus!". Gegen 20 Minuten setzte Regen ein und beendete das Spektakel. Kurz zuvor war AfD-Abgeordneter Stefan Löw eingetroffen und begrüßte Teilnehmer per Handschlag.
Polizei: "rechtes Spektrum"
Für das Kommissariat Staatsschutz zog am Montag Florian Beck, Sprecher des Polizeipräsidiums Regensburg, erste Bilanz der Samstagsdemo. Es sei ein "sehr heterogener Teilnehmerkreis" festgestellt worden. "Unter den Teilnehmern befanden sich auch Personen, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind", so Beck. Bis auf die Beleidigung zweier Journalisten sei die Veranstaltung "weitgehend störungsfrei" verlaufen.
Die Strafanzeige des Neustädter Bürgermeisters werde von der Kriminalpolizei Weiden in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Weiden geprüft. "Es darf um Verständnis gebeten werden, dass zu diesem frühen Stadium noch keine näheren Angaben zum Sachverhalt gemacht werden können."
Das Video
Ein Facebook-Video brachte dem Neustädter Bürgermeister Sebastian Dippold Morddrohungen ein. Auf Facebook kann es nicht mehr abgerufen werden. Hier der Wortlaut: "Hier am Festplatz in Weiden wird schon aufgebaut für 14 Uhr, für die Coronaleugner-Demo. Vorher ist Auto- und Fahrradcorso in die Stadt, dann ist dort noch eine Kundgebung und am Abend ist dann sogar Fackelzug.
Meiner Meinung nach gibt es seit 1945 nur einen Verein in Bayern, der einen Fackelzug einfach so durchführen kann, wo man keine Bedenken hat und das ist die Freiwillige Feuerwehr. Alle anderen, die Fackelzüge veranstalten, die müssen sich schon kritische Nachfragen gefallen lassen. Und wer hier heute mitgeht, bei den Affen, der weiß, auf welcher Seite er steht.
Goebbels hat mal gesagt: Man bedient sich im Waffenarsenal der Demokratie um die Demokraten zu bekämpfen. Genau das passiert hier heute. Hier wird wieder eine ganze Bande von Nazis mit unterwegs sein, auch wenn man das ganze als Yuppie-Eins-Zwei-Drei-Friedensdemo tarnt. Aber wir wissen nicht erst seit dem Weidener Stadtrat, was für Gesocks und Klientel hier mitläuft."
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