Wie wenig Oberpfalz im neuen Franken-Oberpfalz-"Tatort" steckt

Nürnberg
04.06.2023 - 22:00 Uhr
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"Hochamt für Toni" ist der neunte Franken-"Tatort" - und der zweite mit Oberpfalz-Bezug. Diesmal spielt sogar ein Teil der Handlung in der Oberpfalz - insgesamt aber bleibt die Oberpfalz recht blass und wirkt eher konstruiert. Mal wieder.

Im neunten Franken- "Tatort" "Hochamt für Toni" geht es um die Wege, die Hauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) nicht gegangen ist. Was wohl passieren hätte können, hätten sich der Polizist und die große Liebe seiner Studienzeit, Toni Hentschel (Sina Martens), füreinander entschieden? Wer könnte Voss, der jetzt als Polizist in Mittelfranken arbeitet, wohl sein? Wie anders sähe sein Leben aus? Die Produktion setzt die großen Fragen des Lebens schön in Szene, fängt die weitläufige fränkische Landschaft ein, und punktet mit melancholisch-düsterer Musik, die die atmosphärische Grundstimmung verstärkt. Sie ist mal Melodrama, mal Krimi - die Oberpfalz aber, die hat man wohl bei der Inszenierung vergessen.

Alles beginnt mit einem Hochamt, zu dem Voss von seinem Jugendfreund Marcus Borchert (Pirmin Sedlmeir) eingeladen wird. Er, Toni und Voss kennen sich aus Berlin, Borchert ist inzwischen Pfarrer in Tonis Heimatdorf: Konradsgrün, einem fiktiven Oberpfälzer Ort nah an der Grenze zu Mittelfranken. Dazu aber später mehr.

Nicht nur der Oberpfälzer Ermittler (zugezogener Franke, wie sich herausstellen soll), auch Toni und die ganze Familie Hentschel sind Oberpfälzer - denen man ihre Herkunft nicht anhört. Vater Hentschel ist ein klassischer Patriarch, der seiner Tochter Toni das Unternehmen nicht vererben will. Sie ist zwar Erstgeborene - aber eben eine Frau. Vor zwei Jahren ist Toni in einer Berghütte verbrannt. Was bei diesem Brand aber passiert ist, das weiß niemand so genau - Voss will es herausfinden und geht den Verstrickungen und Geheimnissen der Familie Hentschel auf den Grund.

Es wird gestichelt und gefrotzelt

Es ist ein guter Plot - und dieser Plot lebt auch von den Sticheleien gegen die Oberpfalz ("Als ob hier einer Urlaub macht" oder: "Einigt man sich in der Oberpfalz bei Ermittlungen?"). Dass der Krimi in der Oberpfalz spielt, ist für die Handlung nötig: Schließlich wird einen ganzen Erzählstrang lang ausgearbeitet, wieso der mittelfränkische Kommissar Voss weiterermittelt, obwohl sein eigentlich zuständiger Kollege aus der Oberpfalz die Sache gerne ohne viel Gewese zu den Akten legen möchte.

Konradsgrün liegt gerade noch in der Oberpfalz, während die Hütte, in der Toni gestorben ist, schon auf mittelfränkischem Boden stand. Doch obwohl fast alle Szenen an der Grenze zwischen Oberpfalz und Mittelfranken spielen, sieht man die Oberpfalz nirgendwo durchblitzen: Kein Dialekt, keine realen Ortsnamen, keine Anspielungen. Ein kleiner Trost: Es wird häufiger über "die Oberpfalz" gesprochen als über Franken. Aber konkreter wird es nicht, "die Oberpfalz" bleibt mehr theoretisches Konstrukt. Immerhin - im Vergleich zum letzten Franken- "Tatort" mit Oberpfalz-Bezug hat der Oberpfälzer Ermittler (Hans Bartram; dargestellt von Kabarettist Bernd Regenauer) diesmal einen Namen - und auch der Name des fiktiven Oberpfälzer Dorfs mutet durchaus oberpfälzisch an. Würde man Konradsgrün auf eine Landkarte verorten wollen, müsste man vermutlich irgendwo im Raum Sulzbach-Rosenberg/Birgland nach dem Kleingedruckten suchen.

Drehort für die Oberpfalz: Ansbach

Wer nun vermutet, dass dort auch gedreht wurde, wird enttäuscht. Laut Info aus der BR-Pressestelle fanden die Dreharbeiten ab 22. Juni 2022 in Ansbach und Umgebung statt, obwohl die Handlung in der Grenzregion zwischen Franken und der Oberpfalz angesiedelt ist. Aus produktionstechnischen und logistischen Gründen fiel die Wahl auf diesen Drehort, heißt es im Pressetext zu "Hochamt für Toni". Produzent Michael Polle wird dazu zitiert: "Die Menschen dort mögen es uns bitte verzeihen, dass wir uns bei der Auswahl unseres Hauptmotivs für Ansbach und Umgebung entschieden haben. Dies hatte vor allem drehlogistische Gründe, die immer mit finanziellen Erwägungen einhergehen." Konkret hing wohl viel von einem speziellen Drehort ab: Das Haus der Hentschels, mittelständische Industrielle, deren Familienbetrieb sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Zulieferer der Autoindustrie in der Region entwickelt hat. Ein passendes Herrschaftshaus fand man in der Nähe von Ansbach - und drumherum sei die ganze Logistik aufgebaut worden, so Polle.

Ob die Oberpfalz wohl wieder auf einen Auftritt im Franken-"Tatort" hoffen darf? "Grundsätzlich ist die Oberpfalz natürlich sowohl urban als auch ländlich reizvoll - insofern würde ich nicht ausschließen, dass sie zukünftig auch einmal zum Spielort wird", sagt BR-Redakteurin Claudia Luzius auf Anfrage von Oberpfalz-Medien. Sie übernimmt den Franken-"Tatort" von BR-Redaktionsleiterin Stephanie Heckner. Die "Erfinderin" des Franken-"Tatorts", starb am 27. März nach langer, schwerer Krankheit - "Hochamt für Toni" ist der letzte von ihr verantwortete Film.

Der zehnte Fall für Voss und Ringelhahn soll laut Luzius noch in diesem Jahr gedreht und 2024 ausgestrahlt werden. Der Film trägt den Arbeitstitel "Trotzdem" und wird in Mittelfranken - große Teile in Nürnberg - spielen. Regie wird Max Färberböck führen, er hat zusammen mit Stefan Betz das Drehbuch geschrieben. Auch ein weiterer "Tatort" ist schon in Planung - hier seien aber bislang weder Drehbuch noch Drehorte festgelegt, so Luzius. Konkrete Pläne für einen weiteren Oberpfalz-Franken-"Tatort" gibt es nicht.

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Kommentare

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Elke Lanz

Wir brauchen nicht im Franken - Tatort erwähnt werden lieber einen Oberpfalz- Tatort drehen. Der wäre auch sicher erfolgreicher.

LG Elke

05.06.2023
Peter Schmid

Nur Eins: Wieder ein Schmarrn, oder wie sagt man in Franken?

05.06.2023