Als sie unter einem Blitzlichtgewitter der Fotografen den Sitzungssaal betrat, durfte Susanne R. noch hoffen. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt, die Entscheidung hätte sich womöglich auch in diese Richtung bewegen können. Minuten später machte das Schwurgericht den letzten Funken Optimismus bei der 35-Jährigen zunichte. Wegen Mordes an ihrem Gatten Gerald R. wurde die ehemalige Realschullehrerin zu lebenslanger Haft verurteilt.
Auf Gutachten gestützt
In der Urteilsbegründung zeigte sich: Die Richter folgten vornehmlich den ins Feld geführten Argumenten der Sachverständigen. "Es war keine Selbsttötung, auch kein Unfall", ließ Landgerichtsvizepräsidentin Roswitha Stöber anklingen und listete wesentliche Fakten auf: Eine zerrüttete Gemeinschaft, die Dominanz der Frau und ein Ehevertrag, der bei Trennung keinerlei Ansprüche für sie mit sich gebracht hätte. Zwei Wochen nach dem 16. April 2012, dem Tattag, wäre sie auf Weisung ihres Gatten auf der Straße gestanden. "Mit der Option, wieder ihrem ungeliebten Lehrerberuf nachgehen zu müssen." Denn eine angestrebte Frühpensionierung, so die Richterin, wäre wohl nicht in Frage gekommen.
Danach wandte sich die Vorsitzende dem unmittelbaren Geschehen in dem Pfreimder Wohnhaus zu. Zurückgekommen von einem gemeinsamen Jagdausflug, habe die 35-Jährige den Plan gefasst, ihren Mann zu töten. "Dabei wusste sie: Es gab Sachwerte wie das Anwesen, das sie beim Ableben ihres Mannes erben würde."
Der Schuss aus einer Schrotflinte hatte verheerende Folgen, "Gerald R. besaß keine Chance". Von daher leitete die Vorsitzende zwei erwiesene Mordmerkmale ab: Heimtücke und Habgier. Sich auf den Gutachter Dr. Bernd Kager stützend, unterstrich Rowitha Stöber: "In dem von Spuren übersäten Raum gab es einen spurenfreien Schlagschatten an der Wand". Er habe zwar nicht gänzlich den Körpermaßen der Frau entsprochen. "Doch das war laut Dr. Kager durchaus möglich."
Der von den Verteidigern aufgestellten These, in den Keller sei ein Unbekannter vorgedrungen und habe gefeuert, trat die Vorsitzende massiv entgegen. "Diesen Unbekannten gibt es nicht", äußerte sie und ergänzte, dass mit gesicherter Erkenntnis nach dem Verbrechen eine Waschmaschine in Gang gesetzt und die zur Tat getragenen Textilien gereinigt wurden. "Es war die Kleidung von Susanne R." Nach dem Mord sei sie unter die Dusche gegangen, habe mit einstündiger Verzögerung einen Rettungswagen angefordert.
Revision möglich
So füge sich alles zu einem kompletten Bild, das nur einen Schluss zulasse: "Sie hat ihren Mann umgebracht." Auf die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld verzichtete das Schwurgericht. Ein solcher strafverschärfender Schritt sei "die Ausnahme von der Regel". Er müsse in diesem Fall nicht angewendet werden.
Der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Diesch zeigte sich nach Prozessende zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens. Die beiden Verteidiger Robert Hankowetz und Norbert Deuschl besprachen sich zunächst kurz mit ihrer reglos das Urteil aufnehmenden Mandantin. Sie wollen nun die schriftliche Begründung abwarten und danach prüfen, ob sie Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.
Mit dem Schuldspruch wurde das von seinen Ermittlungen her wohl aufwendigste Verfahren in der Amberger Justizgeschichte abgeschlossen. Nie zuvor waren so viele einzelne Beweise erhoben und Blickwinkel ausgeleuchtet worden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse, so hieß es in der Urteilsbegründung, hätten sich zu einer Gesamtschau gefügt.
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